Geschäftsbericht  der Annalise-Wagner-Stiftung 2008

15 Bürger der Stadt Neubrandenburg, der Stadt Neustrelitz und des Landkreises Mecklenburg-Strelitz engagierten sich im Berichtsjahr ehrenamtlich in Vorstand und Kuratorium der Annalise-Wagner-Stiftung. Beide Stiftungsgremien trafen sich zu je drei Beratungen in Neubrandenburg bzw. Neustrelitz. Durch einstimmigen Beschluss kooptierte das Kuratorium am 22. 10. 2008 Frau Dr. Diana Kuhk aus Neubrandenburg. Satzungsgerecht entlastete das Kuratorium am 22. 10. 2008 den Stiftungsvorstand der Amtszeit 2006 bis 2008 und wählte einstimmig Herrn Dr. Reiner Wieland, Frau Cornelia Bugenings, Frau Eleonore Wolf, Frau Christiane Weigt und Frau Heike Birkenkampf für die Amtszeit 2008 bis 2010 in den Vorstand der Annalise-Wagner-Stiftung. Der amtierende Vorstand wählte aus seiner Mitte Herrn Dr. Reiner Wieland zum Vorstandsvorsitzenden und Frau Heike Birkenkampf zur Stellvertreterin.

Im Jahr 2008 verwirklichte die Annalise-Wagner-Stiftung ihren gemeinnützigen Stiftungszweck zur Förderung von Kultur und Literatur durch die Vergabe des 17. Annalise-Wagner-Preises für einen inhaltlich und sprachästhetisch hervorragenden Text aus der oder über die Region Mecklenburg-Strelitz. Insgesamt  lagen 59 Bewerbungen und Vorschläge vor, davon 26 Texte als Manuskript. Dazu gehörten 34 belletristische Werke, 21 populärwissenschaftliche bzw. wissenschaftliche Sachtexte und 4 Titel Kinder- und Jugendliteratur. 35 Bewerbungen und Vorschläge kamen aus der Region Mecklenburg-Strelitz, 7 aus anderen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns und 17 aus anderen Bundesländern. Die Stiftung dankte allen Bürgern, die sich mit einer Bewerbung oder einem Vorschlag aktiv für das Anliegen des Annalise-Wagner-Preises engagierten. Bürgerschaftliches Engagement bewiesen in besonderem Maße die 6 ehrenamtlichen Mitglieder der Jury des Annalise-Wagner-Preises 2008 aus dem Stiftungskuratorium und gemeinnützigen Vereinen der Region: Frau Armgard Bentzin (Kuratorium Annalise-Wagner-Stiftung), Frau Sabine Schmidt (Kuratorium Annalise-Wagner-Stiftung), Frau Susanne Schulz (Deutscher Journalisten-Verband, Landesverband MV e. V.), Herr Dirk Kollhoff (Kuratorium Annalise-Wagner-Stiftung), Herr Dr. Rolf Voß (Deutscher Museumsbund e. V.) und Herr Matthias Wolf (Annalise-Wagner-Preisträger 2003).

Einstimmig schlug die Jury dem Kuratorium vor, den Annalise-Wagner-Preis 2008 zu vergeben an die Berliner Historikerin und Publizistin Dr. Annette Leo für ihre Publikation „Das ist so’n zweischneidiges Schwert hier unser KZ…“ : Der Fürstenberger Alltag und das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück (Berlin : Metropol-Verlag 2007, ISBN 978-3-938690-61-1). Die Autorin fügt darin Zeitzeugen-Erinnerungen von Bürgern aus der ehemals mecklenburg-strelitzschen Stadt Fürstenberg (bis 1952 Mecklenburg, heute Bundesland Brandenburg) an das unmittelbar benachbarte Frauenkonzentrationslager Ravensbrück zu einem widersprüchlichen Bild zusammen. Die Jury beeindruckte sowohl der methodische Ansatz als auch die inhaltliche und ästhetische Qualität dieses Textes. Die „differenzierte und glaubwürdige Darstellung von Erinnerungslandschaften voller Brüche und Widersprüche“ macht Dr. Leos Text zu einem „überzeugenden Beispiel für einen neuen Ansatz in der Geschichtskultur, der weniger in vereinfachenden Schwarz-Weiß-Schablonen als in andauernden Widersprüchlichkeiten argumentiert“ (Matthias Wolf, Jurybegründung). Subtil regt dieser Text Leser dazu an, sich auseinanderzusetzen mit Komplexität und Widersprüchlichkeit historischer Prozesse, mit individuellen und gesellschaftlichen Erinnerungsprozessen, mit der Gefährlichkeit aktueller rechtsextremer Bestrebungen, mit der Vergleichbarkeit heutiger individueller Entscheidungssituationen und ganz persönlicher Verantwortung. Das Kuratorium der Annalise-Wagner-Stiftung folgte dem Vorschlag der Jury einstimmig.

Anlässlich des 105. Geburtstages der Stifterin Annalise Wagner (1903 – 1986) und des 275. Stadtjubiläums ihrer Heimatstadt fand die öffentliche Festveranstaltung zur Preisverleihung am 21. Juni 2008 im Rathaus der Stadt Neustrelitz statt. Unter den mehr als 120 Gästen waren u. a. die Landtagspräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Frau Sylvia Bretschneider, der Präsident des Kreistages des Landkreises Mecklenburg-Strelitz, Herr Christoph Poland, die stellv. Stadtpräsidentin Neubrandenburgs, Frau Gisela Weiß, die Kämmerin der Stadt Fürstenberg, Frau Heidrun Jenning, die Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, Frau Dr. Martina Weyrauch, die Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, Frau Dr. Insa Eschebach und der Leiter des Metropol-Verlages Berlin, Herr Friedrich Veitl.

Den Annalise-Wagner-Preis 2008 überreichten gemeinsam Herr Dr. Reiner Wieland, 1. Beigeordneter des Oberbürgermeisters der Stadt Neubrandenburg, Herr Andreas Grund, Bürgermeister der Stadt Neustrelitz und Herr Dr. Joachim Lübbert, Kuratoriumsvorsitzender.

In ihrer Laudatio formulierte Filmemacherin und Autorin Loretta Walz: „Annette Leo stellt Fragen und lässt sie offen … und das ist gut so. Denn nur, wenn wir von anderen erfahrene Geschichte mit der eigenen Erfahrung verweben, entsteht so etwas wie neue Erkenntnis. Und die Geschichte sollten wir erkennen, um sie nicht wiederholen zu müssen.“ Dr. Annette Leo betonte in ihrem Dankwort: „Ich kann mir keine bessere Wirkung meiner Arbeit, keine bessere Fortsetzung meiner Befragungen vorstellen als dies: Dass davon eine Ermutigung ausgeht für einen genauen Blick, für Lokalstudien, um die eigene Geschichte und damit die Gegenwart verstehen zu können. Denn Fürstenberg ist nur ein Beispiel.“ Im Namen der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück gratulierte Leiterin Dr. Insa Eschebach zum Annalise-Wagner-Preis für ein „sehr wichtiges Geschichts- und Geschichtenbuch“ – und betonte: „Die Verleihung des Annalise Wagner Preises an Annette Leo lese ich zugleich auch als ein sichtbares Zeichen der Verbundenheit, des Interesses und der Verantwortung, die diese Region für die Geschichte des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück übernimmt.“ Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider erinnerte in ihrer Gratulation daran, „wie wichtig es ist, jetzt die Erinnerungen von Zeitzeugen für künftige Generationen festzuhalten“. Vor dem Hintergrund verstärkter rechtsextremer Aktivitäten im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern müsse sich jeder mit seinen Möglichkeiten einbringt in ein starkes Bündnis für Demokratie und Toleranz und auch die Annalise-Wagner-Stiftung habe „durch die Verleihung des Annalise-Wagner-Preises an Dr. Annette Leo … in ihrem Wirkungskreis und mit ihren Möglichkeiten einen wichtigen Beitrag zur Festigung der Demokratie in unserem Land geleistet“. Im Namen der Stadt Neustrelitz zeichnete Bürgermeister Andreas Grund die Annalise-Wagner-Preisträgerin 2008 für ihren herausragenden Beitrag zum „historischen Gedächtnis der Region Mecklenburg-Strelitz“ mit der Annalise-Wagner-Medaille aus.

Im Rahmenprogramm der Preisverleihung erlebten die Gäste die Buchpremiere des architekturhistorischen Kompendiums „Herrschaftliche Wohnhäuser auf Gütern und Domänen in Mecklenburg-Strelitz“ von Prof. Dr.-Ing. Sabine Bock, dessen Manuskript mit dem Annalise-Wagner-Preis 2007 ausgezeichnet worden war. Die Veröffentlichung im Schweriner Thomas-Helms-Verlag wurde im Jahr 2008 gefördert mit Mitteln aus dem Zukunftsfond des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Außerdem kaufte der Ostdeutsche Sparkassenverband Exemplare der dreibändigen Publikation an und stellte sie als Schenkung Bibliotheken, Archiven, Universitäten und Schulen im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung. Die Annalise-Wagner-Stiftung unterstützte deshalb im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit im Juni 2008 die Organisation der Buchpremiere in Neustrelitz und im September 2008 die Pressearbeit zur Schenkung des Ostdeutschen Sparkassenverbandes an Einrichtungen in der Region Mecklenburg-Strelitz.

Weitere Öffentlichkeitsarbeit für den Stiftungsgedanken und für den eigenen Stiftungszweck leistete die Annalise-Wagner-Stiftung durch intensive Pressearbeit rund um die Ausschreibung und Verleihung des Annalise-Wagner-Preises 2008, durch die öffentliche Preisverleihung mit großer Besucherresonanz, durch inhaltlich und gestalterisch überarbeitete Flyer und Dauerausstellung zur Stiftungsarbeit in der Regionalbibliothek, durch die Pflege der Stiftungs-Homepage, durch die Teilnahme am „Markt der Möglichkeiten ehrenamtlichen Engagements“ in Neubrandenburg, durch Ausstellungen über Annalise Wagner sowie Neuerscheinungen aus und über Mecklenburg-Strelitz in der Regionalbibliothek sowie als Mitveranstalter der Veranstaltungsreihe „Marktplatz Regionalliteratur“. Dieses gemeinsame Projekt von Buchhandlung Weiland (Neubrandenburg), Verlag Steffen (Friedland), Druckerei Walther (Neubrandenburg) und Annalise-Wagner-Stiftung war eingebunden in den „Neubrandenburger Bücherfrühling 2008“ und gab vom 15. bis 17. Mai 2008 im Neubrandenburger Marktplatzcenter 37 Autoren der Region Mecklenburg-Strelitz ein Podium für Lesungen und Kontakte. Als Beitrag zur Lese- und Autorenförderung setzte es seinen Akzent auf solche Titel und Autoren, die der regionalen Literaturlandschaft ein unverwechselbares Gesicht geben und nachhaltig beitragen zum Gedächtnis der Region.

Die Annalise-Wagner-Stiftung erfüllte im Berichtsjahr ihre Verpflichtung, das von Annalise Wagner testamentarisch anvertraute Stiftungskapital zu erhalten, Zinsen aus der Anlage des Stiftungskapitals zu erzielen und damit ihren Stiftungszweck zu erfüllen. Die ordnungsgemäße Verwaltung des Stiftungskapitals sowie die satzungsgerechte Verwendung der Zinserträge prüften am 17. 03. 2008 die Rechnungsprüfer des Kuratoriums, Frau Gudrun Mohr und Herr Dirk Kollhoff. In das Stiftungsvermögen gingen im Berichtsjahr Zustiftungen von Frau Hannelore Raemisch aus Neustrelitz (150 Euro) und von Dr. Annette Leo aus Berlin (200 Euro) ein. Die Stadt Neustrelitz förderte die Stiftungsarbeit durch umfassende personelle und organisatorische Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der Preisverleihung sowie durch die Übernahme von Eigenleistungen für diese Veranstaltung im Wert von 580. – Euro. Nicht aufrecht erhalten werden kann aus finanziellen Gründen die Mitgliedschaft im Bundesverband Deutscher Stiftungen ; auf einstimmigen Beschluss des Kuratoriums endete die Mitgliedschaft der Annalise-Wagner-Stiftung mit dem Beitragsjahr 2008. Im Oktober 2008 beschloss das Kuratorium einstimmig, im Jahr 2009 den 18. Annalise-Wagner-Preis unverändert in Inhalt und Dotierung auszuschreiben.


Dr. Joachim Lübbert, Vorsitzender des Kuratoriums

Dr. Reiner Wieland, Vorsitzender des Vorstands
 

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